Es begann bereits 2 Wochen vor dem Spiel. Schon da kündigten die Top-Kandidaten für den Coachingposten des Herren 1 an, dass sie etwas Besseres vorhatten, als uns zu coachen. Denn weder Marc Nadig noch Patrick Hofer noch Renan Del Zotto, der Trainer des Brasilianischen Nationalteams, wollten sich die Zeit für die sexy Mannschaftaus dem Reusstal nehmen. Falls ihr euch fragt: Ja, Renan steht auf unserer Gehaltsliste, was denkt ihr denn was wir mit unserem Budget machen? Da aber Jan keinen Sponsor gefunden hat, reicht es für diese Saison leider nicht, Renan auch für die Trainings nach Lunki zu holen… Aber es war Schicksal, dass gerade in diesem Moment Jürg Baumgartner, auch Jü-G genannt, einsprang. Denn nur so konnte es am Samstag zu einem Ereignis sondergleichen kommen. Es sollte ein episches Duell werden. Ein taktischer Schlagabtausch auf allerhöchstem Niveau. Strategien, welche die Zuschauer in Ekstase versetzen sollten. Ein Duell der Giganten. Baumgartner vs Winteler.

Ihr kennt doch sicher alle den Urs, oder? Urs Winteler? Seit Jahren fördert er Nachwuchs, coacht ein NLA-Team, erklärt seinen Schützlingen, dass sie nicht hart angreifen können, gibt Trainerkurse und vieles mehr. Er ist ohne Frage gefragt. Es passiert nur selten, dass der Coach die Contenance verliert und sein Coachingbrett auf die Bank wirft.

Jü-G ist eher unbekannt in der Volleyballwelt, also Lunki mal ausgenommen (obwohl man eigentlich sagen könnte, das Lunki der Nabel der Volleyballwelt ist). Aber wie sich zeigen sollte, war er genau der Richtige für diesen mentalherausfordernde, taktikgeprägte Strategiespiel zwischen Jona und Lunki.

Der naheliegendste Vergleich für dieses Spiel ist wohl dasMatch des Jahrhunderts zwischen Bobby Fischer (USA) und Boris Spasski (Sowjetunion). Nur waren die Anspannung und der Druck deutlich höher als während des Kalten Krieges.

Die ersten zwei Sätze waren eher unwichtig, sozusagen ein Vorgeplänkel. Die Schachgrossmeister unter euch werden jetzt zwar sagen, dass bereits die Eröffnungszüge wahnsinnig interessant und spielweisend sind. Doch der amtierende Meister des Waltenschwiler Schachturniers, Slice, hat bestätigt, dass es absolute Standardmanöver und deshalb nicht von Bedeutung waren. Im dritten Satz ging es dann aber richtig los: Bei dem Stand von 9:0 hörte man nichts mehr. Es war die pure Anspannung, der Druck stieg ins unermessliche. Die ganze Halle hielt den Atem an. Sogar die Spieler. Nur die Strategen selbst wussten noch was vor sich ging, alle anderen Individuen in der Halle, selbst jene die Barfuss auf dem Bänkli sassen, konnten die taktischen Facetten des Spiels nicht mal mehr erahnen. Nein, es war keine peinliche Stille. Aber dann schnappte die Falle von Jü-G zu. Das Ganze war ein taktisches Punkteopfer, eine Farce, um nun die Oberhand zu gewinnen. Baumgartner holte den nächsten Punkt und es stand 9:1. Brilliantes Manöver! Winteler jedoch schien nicht überrascht zu sein. Seine Züge blieben kontrolliert, keine Regung war zu sehen. Aber für die Bank des TVLs war der Fall klar: Jü-G hatte alle Zügel in der Hand. Jetzt musste er nur noch die Partie über die Ziellinie bringen.

Leichter gesagt als getan. Urs, ihr kennt ihn ja, zeigte seine Erfahrung, indem er seinen Spielern sagte, dass sie wieder anfangen sollen zu atmen. Durch diesen Zug konnte Jona sich einige Punkte sichern, wohingegen die Lunkis trotz den roten Trikots langsam blau anliefen. Jü-G erkannte das und liessebenfalls wieder Luft in die Lungen seiner Spieler. Überrascht durch die plötzliche Gegenwehr schaffte es Lunki, sich einen weiteren Punkt zu ergattern. So stand es dann 16:2. Der Lunki-Coach war aber im Kopf bereits beim übernächsten Zug. Für diesen Zug opferte er als erstes seinen Läufer (die Rede ist natürlich von Jui. Die Analogie macht total Sinn, weil er ja mal Leichtathlet war. Dort rennen sie viel. Deshalb Läufer. Oder auch weil sich der Jui für einen Marathon angemeldet hat. Auch dort muss man viel rennen.) Er wechselte den hibbeligen Jui ohne zu zögern aus. Winteler stimmte nickend zu, er hatte den einfachen, doch starken Zug vorausgesehen. Es zeigte sich direkt im Resultat. Lunkhofen drehte enorm auf und machte nicht einen, nicht zwei, nicht drei, sondern gleich vier zusätzliche Punkte. So stand es dann plötzlich 18:6.

Eine plötzlich aufkommende Unruhe auf der Lunki-Bank liessalle Blicke zu Urs wandern. Er schien ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht zu haben. Damit hatte nun wirklich niemand gerechnet. Das Spiel nahm trotz der massiven Punkteserie von Lunki eine drastische Wendung. Baumgartner schien ratlos. Es blieb ihm nichts anderes übrig als beim Stand von 20:6 ein Time-out zu nehmen, um sich zu sammeln. Entsetzten lähmte das Team aus dem Reusstal. So einen Spielverlauf hatte keiner von ihnen erwartet. Doch Jü-G ist nicht umsonst ein grosserMeister, sicher 2m. Er realisierte, dass ihm nur noch das Überraschungsmoment helfen konnte. Als die Figuren wieder auf dem Feld waren, vollführte Hayday mit Slice eine Rochade. Das konnte Winteler gar nicht ahnen, denn Haydaywar der letzte Lunkispieler, der (nicht komplett beschissen)spielte. Winteler kritzelte nervös auf seinem Notizbuch und versuchte mit allen Kräften diesen Zug zu verstehen, aber er konnte es nicht. Jü-G hatte wieder die Oberhand. Verwirrt liess Winteler den Satz zwar noch weiterlaufen, aber er hatte ihn augenscheinlich bereits aufgegeben.

Es gab aber etwas, dass Jü-G jedoch nicht berücksichtig hatte. Seine Figuren hatten ein Eigenleben, fast wie beim Zauberschach. Denn Flo hatte sich offensichtlich vorgenommen, seine Leistung an Rin anzupassen, damit der Wechsel keine Delle in der Moral hinterlassen würde. Mit voller Wucht zimmerte er seinen Angriff auf die Zuschauerbank und fügte sich damit nahtlos ins Spiel ein. Diese absolut sehenswerte Aktion leitete eine Kette von ähnlich guten Spielzügen ein, mit denen sich Lunki zum Schluss gleich selbst schachmatt setzte.

Telegramm:

Es spielten Volleyball:

Für den TVL: Hayday und im ersten Satz auch Tobi (Marco ist entschuldigt, er wurde bei seiner Ankunft vor der Halle auf dem Parkplatz angefahren)

Für das NTZ: Kaderkind 1, Kaderkind 2, Kaderkind 3, Kaderkind 4 (Er hatte am Tag davor seinen letzten Milchzahn verloren), Kaderkind 5, Kaderkind 6 (Das ist der, der aussieht wie Kaderkind 3), Kaderkind 7, Kaderkind 8, Kaderkind 9, Kaderkind 11 (Ja, Kaderkind 10 war nicht dabei), Kaderkind 12.

Zuschauer: Physisch anwesend 40 Stück, als Fans anwesend 0 (da hat es wohl etwas gratis gegeben), Kahi, Flo, Rin, Jui, Lenny, Nico, Domy, Slice,